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Geschichte und Sammlungen

Als Fürstbischof Heinrich VIII von Bibra 1776 die "öffentliche Bibliothek zu Fulda", die zugleich der seit 1734 bestehenden Universität Fulda dienen sollte, gründete, war dies unter dem Gesichtspunkt der Geschichte landesherrlicher Bibliotheksgründungen ein relativ später Vorgang. Wichtiger erscheint es, daß sich die Gründung an einem Ort vollzog, der seit der Klostergründung des 8. Jahrhunderts wie kaum ein anderer in Deutschland eine lange bibliothekarische Tradition besaß. Benediktinische und jesuitische Gelehrsamkeit waren hier über Jahrhunderte Mittelpunkt von Lehre und Studium und setzten Bibliotheken als selbstverständlich voraus.

Wie sich das 744 im Auftrag von Bonifatius gegründete Kloster infolge seiner besonderen reichs- und kirchenrechtlichen Stellung bald zum führenden religiösen und kulturellen Mittelpunkt des Reiches entwickelte, so zählte auch die fuldische Klosterbibliothek mit den Erzeugnissen ihrer Malschule in karolingischer und für eine kurze Zeitspanne auch in ottonischer Zeit zu den ersten Bibliotheken des Reiches. Dies gilt vor allem für die Zeit, in der Hrabanus Maurus Lehrer in Fulda war. Die Bedeutung dieser Bibliothek für die Überlieferung beruht nicht zuletzt darauf, daß in ihr nicht allein christliche, sondern auch antike und mit höchster Wahrscheinlichkeit auch althochdeutsche Texte aufgezeichnet wurden. Wenn auch Kloster und Bibliothek im Hoch- und Spätmittelalter erheblich an Bedeutung verloren, gibt es noch im 16. Jahrhundert genügend Stimmen, die den großartigen Bestand der Bibliothek an Handschriften hervorheben.

Um diese Zeit hatte aber mit den Jesuiten bereits eine andere geistige Kraft in Fulda Fuß gefaßt. Von Fürstbischof Balthasar von Dermbach zur Mithilfe bei der Rekatholisierung des weithin protestantisch gewordenen Fuldaer Landes berufen, entfalteten sie mit Kolleg (1572) und Päpstlichen Seminar (1584) eine umfangreiche und erfolgreiche erzieherische Tätigkeit, die zur Einrichtung von zwei voneinander getrennten Bibliotheken führte.

Die 1776 gegründete "öffentliche Bibliothek", die eine Schöpfung der katholischen Aufklärung war, hätte einen unschätzbaren Grundbestand besessen, wenn sie das benediktinische und jesuitische bibliothekarische Erbe ungeschmälert hätte antreten können. Statt dessen wurden aber die jesuitischen Bestände, die sich 1632 während der Besetzung des Landgrafen von Hessen schon reduzierten, geteilt und kamen etwa je zur Hälfte an die neu gegründete Bibliothek und an das Bischöfliche Priesterseminar. Von der altehrwürdigen Bibliothek des Klosterkonvents kamen nach dem Bericht des Bibliothekars Petrus Böhm nur noch 4024 Bände in die neue Bibliothek, ohne daß man bis heute mit Sicherheit wüßte, wo der Rest verblieben ist. Vermutlich ist er im Dreißigjährigen Krieg zerstört worden. Umso eifriger war man in Fulda bemüht, die noch vorhandenen Bestände anderer Provenienz teilweise oder ganz in der neuen Bibliothek zu vereinigen: die Hofbibliothek des Fürstbischofs, Teile seiner Handbibliothek, die Bibliothek der Pfarrkirche der altfuldischen Stadt Hammelburg, die Bibliothek der Stiftsdechanei in Fulda, Bände aus der Bibliothek des Geheimen Rats Johann Heinrich Fischer und anderer Gelehrter und Würdenträger. Die Zahl der Bände, die auf diese Weise in dem zugleich errichteten selbständigen Bibliotheksgebäude von beachtlicher Größe vorerst zusammenkamen, mag schätzungsweise 15-20.000 betragen haben. In den folgenden Jahren kamen noch manche Schenkungen hinzu, besonders seitens des letzten Fürstbischofs von Fulda, Adalbert von Harstall, aber die äußeren Umstände entwickelten sich nicht gerade günstig für die neubegründete Bibliothek.

Der Untergang des Fürstbistums durch die Säkularisation, die Schließung der Fuldaer Universität (1805) und wechselnde Herrschaften vermehrten das Ansehen der Bibliothek und ihre Bestände in keiner Weise. Aber dennoch machte die Bibliothek gerade jetzt unvermutet ihre bedeutendste Erwerbung. Der protestantische Erbprinz Wilhelm Friedrich von Nassau-Oranien, der in Fulda von 1802-1806

 

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