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Carl Heßler und seine Landes- und Volkskunde

"Hat man Kerstenhausen südwestlich verlassen, dann erweitert sich das Schwalmtal zu dem schönen und fruchtbaren Löwensteiner Grund. In anmutiger Umgebung liegt hier in einem Seitentälchen Betzigerode." - Diese Sätze sind der "Hessischen Landes- und Volkskunde" (zwei Bände, 1906 und 1907 erschienen) entnommen. Das Werk bietet eine vortreffliche Schilderung des Landes um die Jahrhundertwende und hat bis heute noch keine gleichwertige Nachfolge gefunden. Carl Heßler, dem diese Landeskunde zu verdanken ist, schrieb auch jene oben zitierten Sätze über Betzigerode, seinen Geburtsort. Vor 125 Jahren wurde er am 20. Dezember 1859 dort geboren. Sein fruchtbares Wirken auf heimatkundlichem und pädagogischem Gebiet entfaltete er aber erst in Kassel.

Heßler besuchte die Realschule zu Karlshafen; dort erteilte damals ein Onkel Braun französischen und englischen Sprachunterricht. Nach der Ausbildung zum Lehrer auf dem Lehrerseminar in Homberg (1877/78) erhielt Heßler eine erste Anstellung in Gieselwerder. Am 1. August 1881 wurde der 22jährige an die Bürgerschulen 2 (Wörthstraße) und 4 (Königstor) nach Kassel berufen. Nachdem er auch die Mittelschullehrer- und die Rektorenprüfung abgelegt hatte, wirkte er zunächst an der Mädchenmittelschule. Ab 1901 leitete er die Bürgerschule Wahlershausen und die dortige Vorschule. (Vorschulen bereiteten Schüler auf den Besuch höherer Schulen vor.) Carl Heßler erhielt diese Stelle mit einem Grundgehalt von 2.000 Mark pro Jahr, dazu 600 Mark Wohnungsgeld. Er blieb Rektor dieser Schule (ab 1906 Kasseler Bürgerschule 19/20) bis zu seiner Pensionierung 1922.

Jetzt im Ruhestand fand er die Zeit, sich ganz seinem Lieblingsgebiet, der Erdkunde, zu widmen und besonders jener seines hessischen Heimatlandes. Früh schon hatte Heßler eine Schulwandkarte der Provinz Hessen-Nassau herausgebracht und dazu eine kleine Handausgabe; beide erlebten mehrere Auflagen. Ein handliches Ortsverzeichnis des Regierungsbezirks Kassel kam 1895 heraus. Tageszeitungen und Zeitschriften bereicherte Heßler durch erdkundliche und heimatkundliche Beiträge. Er verfaßte ein Buch über die deutschen Kolonien und eine entsprechende Wandkarte. Vergeblich setzte er sich für die Schaffung eines Kolonialmuseums in Kassel ein. Obwohl er schon einige Ausstellungsstücke zusammengetragen hatte, war die Stadt nicht in der Lage, geeigneten Raum bereitzustellen.

Gemeinsam mit anderen Schulmännern des Landes gab Heßler unter seinem Namen Anfang des Jahrhunderts die "Hessische Landes- und Volkskunde" heraus. Zwei umfangreiche Bände erschienen, der erste 1906, der zweite 1907. Später ließ Heßler noch einige Ergänzungshefte folgen. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs schrieb eine Lehrer-Fachzeitschrift: "Der 80jährige steht vor uns in geistiger und körperlicher Vollkraft, noch mitten in der Arbeit, anerkannt von der Wissenschaft. Er denkt nicht daran, den Rest seiner Lebenskraft zu verträumen, nein schaffen und wirken will er bis zum Ende." - Am 21. August 1943 starb Carl Heßler in Kassel. Die"Kasseler Post" stellte im Nachruf fest: "Sein Gedenken wird in der hessischen Heimat immer lebendig bleiben."

 

Neues zur Vertreibung der Juden aus Fulda 1671

Ein Zufallsfund im Stadtarchiv Hersfeld gibt erstmals genaue Auskunft über den Verbleib wenigstens eines Teiles der angeblich 2.000 Juden, die 1671 aus dem Gebiet des Fürstabtes von Fulda ausgewiesen wurden. In einem Brief aus dem Jahre 1673 beschwert sich nämlich der damalige Ortspfarrer von Schenklengsfeld, "Ehren Maurern", darüber, daß neben den sowieso schon immer im Ort ansässigen Juden "noch viele andere aus dem Stift Fulda, als woraus sie neuerlichen vertrieben, an die- [diesem] 

 

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