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und Prüfungsaufgaben ermittelt, wieweit die seit Ostern durchgenommenen Stoffe zur sicheren Aneignung gelangt sind; und nach einer detaillierten Darstellung der Ergebnisse resümiert er, daß drei vollbeschäftigte Lehrer des Seminars seit Ostern ds. Jhs. bemüht gewesen sind, den vorgelegten Lehrplan zur Ausführung zu bringen, soweit dies bei der bis dahin mangelhaften Organisation möglich war. Zu einem naturgemäßen Lehrgange und zu einer allseitigen Durchführung des Lehrplans wird das hiesige israelitische Seminar erst Ostern 1908 bzw. Ostern 1909 gelangen. Dieser Hoffnung kann man sich um so sicherer hingeben, als nach einer Andeutung des Seminardirigenten das Vorsteheramt in Aussicht genommen hat, noch einen vierten vollbeschäftigten Lehrer einzustellen.

Diesen Bericht gibt das Provinzial-Schulkollegium dem Vorsteheramt fast wörtlich zur Kenntnis mit der Aufforderung, die Stundentafeln, die nicht mit den Vorschriften des Herrn Ministers übereinstimmen, zu korrigieren.1 Das Vorsteheramt bemerkt dazu, daß die geforderte Stundenvermehrung nicht ohne eine schwere Überlastung der vorhandenen Lehrkräfte vorgenommen werden könne, die notwendige Einstellung eines weiteren Lehrers aber an den Kosten scheitere. Im übrigen vertrete ja das Provinzial-Schulkollegium auch eine Bewährungsfrist von zwei Jahren. Mit dem Eintritt dieses Zeitpunktes wird, wie wir bestimmt hoffen, sich ergeben, daß bei der geringen Schülerzahl . . . das durch ministerielle Vorschriften gesteckte Ziel auch bei der gegenwärtigen Organisation erreicht werden kann. In seinem Bericht für den Minister vom 05.04.1907 läßt das Provinzial-Schulkollegium sich auf dieses Argument ein und bittet, da es diese Beweisführung nicht für unzutreffend halte, bis auf weiteres davon abzusehen, daß die Stundentafel in keinem Gegenstände hinter der allgemein vorgeschriebenen Stundentafel zurückbleibt. Der Minister stimmt zu, und auf seine erneute Anfrage ein Jahr später kann das Provinzial-Schulkollegium am 28.12.1908 berichten, die mit der Einstellung des dritten Lehrers eingetretene Verringerung der Klassenkombination habe segensreiche Folgen gezeitigt. Die Leistungen waren durchschnittlich befriedigend, und die schriftlichen Arbeiten verrieten eine bessere formale Bildung . . . als in früheren Jahren . . . Bei der geringen Zahl der Schüler in jeder Klasse halten wir es für zulässig, daß die Abweichungen in der Stundenzahl geduldet werden. Damit verzichtet das Provinzial-Schulkollegium auch auf die strikte Trennung in drei Klassen und toleriert den gemeinsamen Unterricht verschiedener Jahrgänge in bestimmten Fächern.

Auch wenn es nicht zur Einstellung eines vierten Lehrers kommt, so ist das Seminar im letzten Drittel seines Bestehens doch relativ gut mit Lehrern besetzt, mit Felix Lazarus als Dirigenten, Moses Katz und Joseph Moses als ordentlichen Seminarlehrern.

Dr. Felix Lazarus2 war schon durch das Elternhaus pädagogisch "belastet". Sein aus der Provinz Posen stammender Vater war Hauptlehrer und Prediger im westfälischen Petershagen, wo der Sohn 1865 geboren worden war. Nach dem Abitur hatte dieser von 1881 bis 1890 ein Studium am jüdischtheologischen Seminar der Fraenkelschen Stiftung und der Universität Breslau

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1 StAM, Best. 152, Pr.-Sch. Nr. 2147. Ebd. alle folgenden Zitate.

2 Vgl. Horwitz, L.: Der Wechsel in d. Leitung der israelit. Volksschule. In: Jüd. Wochenzeitung für Cassel, Hessen u. Waldeck, 7. Jg., 1930. Im übrigen wurden die Daten verschiedenen Archivalien entnommen.

 

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