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Meysenburg, Madame de Staël, um nur diese zu nennen. Aber Elises Ansehen und Bedeutung im Geistesleben des vorigen Jahrhunderts ist unbestritten. Noch immer erscheinen Schriften und Untersuchungen, die Elises Leben und Wirken zu durchleuchten versuchen.

(Aus: Werra-Rundschau vom 24.12.1984)

 

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Waldemar Zillinger

HEIRATS-SCHWIERIGKEITEN ANNO 1866

Ob die "gute alte Zeit" wirklich immer so gut gewesen ist, wie wieder und wieder behauptet wird? Zweifel an diesem Urteil sind angebracht, wenn man die auf uns gekommenen Schriftstücke von anno dazumal liest und den für uns oft unverständlichen Wortlaut richtig bedenkt. Im vorliegenden Falle handelt es sich um einen behördlichen Nachweis, den ein junger Mann vor über hundert Jahren brauchte, um ihn bei der beabsichtigten Eheschließung vorlegen zu können. Eine belanglose Sache, gewiß, doch gibt sie uns Gelegenheit, einen tiefen Blick in die Vergangenheit zu tun, um dabei zu merken, daß es schon immer ohne bürokratische Umstände nicht gegangen ist. Der Gang auf die Ämter gehört seit jeher zu den vornehmsten Pflichten der Staatsbürger.

Da wollte am 3. September des Jahres 1866 ein gewisser Christian Julius Grandefeld in Grifte eine "Erwerbsfähigkeitsbescheinigung" von seinem Bürgermeister haben, um Minna Bettenhausen aus "Cassel", seine Braut, heiraten zu können. Einen solchen Nachweis mußten nämlich alle die Personen vorweisen, von denen der Behörde nicht bekannt war, ob sie ihre künftige Familie auch wirklich ernähren konnten. Grandefeld, der seit Jahren in Südafrika lebte und nur deshalb für kurze Zeit in seiner alte Heimat zurückgekommen war, um sich hier eine Frau zu suchen, Grandefeld also konnte dem Vertreter des Gemeinderates, der dafür zuständig war1, nämlich dem Bürgermeister, offenbar nachweisen, daß er für seine Auserkorene gut sorgen könne. Die gewünschte Bescheinigung, er sei im Stande, als Kaufmann sich und seine künftige Familie zu ernähren, wurde ihm jedenfalls gegeben.

Ohne Mittel keine Heirat

Wieso aber gab es damals solch eine sonderbare Vorschrift? Nun, hier ist der Wandel der Zeiten und der Anschauungen fast mit Händen zu greifen: Vor über 100 Jahren setzte man eben noch voraus, daß eine Eheschließung meist zu Kindersegen führte. Damit aber erhoben sich für die Staatsbehörden ganz große Probleme. Sollte der Familienvater nämlich nicht in der Lage sein, selber für den Unterhalt von Frau und Kindern geradestehen zu können, wer kam denn dann für deren Versorgung auf? Ein soziales Netz in unserem Sinne gab es noch nicht. So blieb von Staats wegen nichts anderes übrig, als dafür zu sorgen, daß es möglichst gar nicht zu solch einer unerwünschten Verbindung kommen konnte: Wer nichts zu beißen hatte, mußte auf Heirat verzichten.

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1 Gemeindeordnung vom 23sten October 1834 für die Städte und die Landgemeinden Kurhessens, Cassel 1854, § 34.

 

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