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Die detaillierte Verfolgung der Rektifikation der Stadt Wetter, wie ich sie im "Hessischen Jahrbuch für Landesgeschichte" 4 dargestellt habe, zeigt, mit welcher Sorgfalt sie durchgeführt wurde. Sie stand unter der Leitung eines in Steuersachen geübten Rektifikators, der die für die Festlegung der Steuerkapitalien notwendigen Vorarbeiten zusammen mit örtlich bestellten Schätzern durchführte. Die Schätzer bestätigten die Richtigkeit jeder seiner Aufstellungen mit ihrer Unterschrift. Die Anschläge wurden daraufhin nicht von ihm selbst gemacht, sondern von einem in Steuerangelegenheiten unter anderem durch langjährige Erfahrung versierten Steuerbeamten, der, bevor er diese vornahm, die gemachten Erhebungen seinerseits nochmals kontrollierte. Schließlich wurden die gesamten Akten von der Steuerkommission revidiert und die Kataster nochmals den Bewohnern Wetters mit Einspruchsmöglichkeit vorgelegt.

Insbesondere bei der Besteuerung des Landbesitzes wurde erhöhter Aufwand betrieben und zur Besteuerung verschiedene Faktoren einbezogen, beginnend mit der zweimaligen Feldbegehung samt Anlegung eines Protokolls, über Ernteproben und Befragungen über Ernteerträge, bis hin zu Auszügen aus den Währschaftsprotokollen zur Ermittlung des Verkaufswertes der Ländereien. Generell zeichnet sich die Rektifikationsakte von Wetter überdies durch Transparenz und Überprüfbarkeit des Zustandekommens der Anschläge aus.

Die Darlegung dokumentiert darüber hinaus, welche Fülle von Einzelinformationen im Zuge der Rektifikation erhoben wurde, so daß eine ausgesprochen präzise Vorstellung von den Lebensumständen der Bürger von Wetter im Jahr 1783 vermittelt wird. Zum Teil sind diese zahlreichen Einzelinformationen bereits zu Statistiken verarbeitet, die einen Gesamtüberblick über bestimmte Sachverhalte ermöglichen. In der Katastervorbeschreibung finden sich schließlich alle diese Erhebungen im Ergebnis verarbeitet.

Das Beispiel Wetter diente dazu, das Schema, nach dem die Rektifikation in der gesamten Landgrafschaft durchgeführt wurde, zu verdeutlichen. Das Rektifikationsprojekt führte zum Anfall großer Aktenmengen, die heute im Hessischen Staatsarchiv Marburg archiviert sind. Die Rektifikationsakten, Karten sowie Lager-, Stück- und Steuerbücher sind weitgehend flächendeckend erhalten geblieben. Aufgrund der Umsicht, mit der die Rektifikation durchgeführt wurde und der Einheitlichkeit der Durchführungsprinzipien - zumindest nach dem Siebenjährigen Krieg - sind sie von hohem Quellenwert. Sie liefern zuverlässige, miteinander vergleichbare Informationen, die Aussagen über die agrarische, soziale, wirtschaftliche und demographische Situation in den Städten und Dörfern der Landgrafschaft ermöglichen. Ortsgeschichtliche Untersuchungen sollten, wie Walter Heinemeyer bereits vor vielen Jahren hervorhob, an diesen im Zuge der Rektifikation des 18. Jahrhunderts entstandenen Quellen - Lager-, Stück- und Steuerbüchern, Rektifikationsakten und Karten - ihren Ausgangspunkt nehmen.

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4 S. Anm. 1

 

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