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die mich hörende Gemeinde noch immer biß dato mit meinem schwachen Vortrag wohl zufrieden gewesen, auch niemahlen gehöret, daß jemand, der von Gottes Wort ein Liebhaber ist, sich über die Länge einiger meiner Predigten beschweret habe, auch nicht über dieße letztere.

Die Streitigkeit hätte keinen Verfassungsrang erhalten, wenn sich nicht die Universität Marburg leidenschaftlich für ihren Professor ins Zeug gelegt hätte. Die Universitätsverwaltung bestritt unter Hinweis auf ihre eigene Gerichtsbarkeit und den besonderen Status Kraffts als öffentlicher Hochschullehrer dem Konsistorium das Recht, dem Theologieprofessor gegenüber unmittelbar Kirchendisziplin zu üben. Das Konsistorium betrachtete dagegen die Argumente der Universität als Anmaßung. Nun war der Landesherr bzw. sein Geheimer Rat gefordert, diese Auseinandersetzungen zu beenden, und das geschah dadurch, daß jeder der Streitenden etwas auf das Haupt bekam. Das an die Universität Marburg und über diese auch an Krafft am 27. November 1756 abgegangene Reskript hatte folgenden Wortlaut:

Es ist zu seiner Zeit hier eingangen und unterthänigst vorgetragen worden, was Ihr occasione der von dortigem Regierungsconsistorio dem Professor Theologiae Dr. Krafft gethanen Weisung wegen seiner über die in der Kirchenordnung bestimmten Zeit verlängerten Predigten und deshalb demselben ohnlängst immediate zugeschickten Rescripten sowohl an Uns gelangen laßen als auch was besagtes Consistorium darüber einberichtet.

Gleichwie nun an sich nichts zu zweifeln ist, daß Unserm dortigen nachgesetzten Regierungsconsistorio bey diesem und andern auf die Ecclesiastica und Kirchendisziplin einschlagenden Fällen die Inspection und Verordnung alleinig und unmittelbahr ohne Reflexion auf einige sonstige Jurisdiction zustehe, mithin auch der Professor Dr. Krafft als Prediger dasjenige, was ihm dieserthalb befohlen worden, billig zu befolgen gehabt, also habt Ihr denselben hiernach und zu ihme darunter obliegender Nachlebung und künfftigem ordnungsgemäßigen Betragen nicht allein anzuweisen, sondern auch ihme Unser Mißfallen über die gegen Unser dasiges Consistorium ohnanständige Renitentz ernstlich zu erkennen zu geben, nicht weniger Euch selbsten nach dieser Unserer gnädigsten Verordnung in künfftigen Fällen ohnweigerlich zu richten, immaßen Wir dann mehrerwehntem Unserm Consistorio deshalben gleichfals Unsere gemeßene Willensmeinung bekant gemacht.

An das Regierungskonsistorium zu Marburg wurde am gleichen Tage folgendes Reskript versandt:

Es ist hier eingegangen und unterthänigst vorgetragen worden, was Ihr unterm 18. passato über die von dem dortigen Professore Theologiae Dr. Krafft geführte Beschwehrden puncto der von Euch demselben gethanen Weisung wegen seiner über die in der Kirchenordnung bestimmten Zeit verlängerten Predigten nicht nur unterthänigst einberichtet, sondern auch was die Universität selbst in Ansehung der dem Professor Dr. Krafft immediate zugegangenen Rescripten anhero gelangen laßen

 

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