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Die weitere Stadtführung galt den mittelalterlichen Zeugnissen Erfurts als eines geistlichen Zentrums des Erzbistums Mainz mit zahlreichen Pfarrkirchen, als einer Stadt des wichtigen Waidhandels, der Druckereien und als einer Stätte der Gelehrsamkeit mit einer berühmten Universität, in der der Humanismus bedeutende Vertreter hatte und in deren Umkreis auch die "Dunkelmännerbriefe" entstanden.

Den Abschluß der Fahrt bildete wiederum der Besuch des Hülfensberges bei Geismar unweit der ehemaligen "Zonengrenze". Pater Eusebius, der mit einem weiteren Pater und einem Bruder des Franziskaner-Ordens die Gottesstätte hütet, verstand es ausgezeichnet, in Stimmung und Geist dieser jahrhundertealten Wallfahrts-Hochburg des Eichsfeldes einzuführen. Bereits in der heidnischen Zeit war der Berg ein Ort der religiösen Verehrung. Noch in der christlichen Zeit hieß er "Stuffenberg" in Anlehnung an einen heidnischen Priester oder eine Gottheit. Als sich in der Zeit des Bonifatius die christliche Mission in diesem Raum ausbreitete - nicht wenige Umwohner glauben, daß Bonifatius selbst die Donareiche bei Geismar hier auf dem Hülfensberg gefällt habe, ein eingemauertes Eichenstück in der heutigen Kirche sei dafür der Beweis! -, kam es wohl zum Bau einer hölzernen Kapelle auf dem Berg, die durch das Stift Heiligenstadt 1357 an das Kloster Annrode übertragen wurde. Dieses Kloster erbaute jetzt eine große Wallfahrtskirche, in der das "Hülfenskreuz" eine besonders helfende und heilende Rolle spielte. Dieses aus der romanischen Zeit stammende und der heiligen Märtyrerin Wilgefortis (der heiligen Hülfe oder Kümmernis) zugeschriebene Christuskreuz zeigt Jesus nicht als den in den Todesqualen leidenden, sondern als den den Tod siegreich überwindenden Herrn. Tausende von Pilgern sind vor der Reformation aus entlegenen Teilen Deutschlands zum Hülfensberg gewallfahrtet, nach der Gegenreformation wurden diese Wallfahrten wieder aufgenommen. Prozessionen fanden auch in der DDR-Zeit statt, als die "Staatsgrenze West" dicht am Hülfensberg verlief und eine Absperrung den Teilnehmern den Blick nach dem Westen verwehrte. Nicht wenige Heimatfreunde erfreuten sich nun des freien Blicks in das thüringischhessische Grenzgebiet, in dem sich trotz des freundlichen Herbstwetters allerdings nur die Leuchtberge bei Eschwege schemenhaft im Dunst ab hoben.

Georg Koch

 

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