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dem „Jubilar" anlässlich seines 550. Geburtstages einen Besuch abstattet, dürfte enttäuscht sein von dessen bescheidenen, ja traurigen Anblick im Vergleich zu den vier eingangs genannten Fachwerkrathäusern: das Fachwerk bedarf dringend sachgerechter Pflege, die Farben der bunt verzierten Knaggen der Erneuerung und schliesslich ist das gesamte Erdgeschoss, nachdem der Pächter der „Ratsstube" sich mit dem Hinweis „Vorübergehend geschlossen" aus seiner gastronomischen Tätigkeit zurückgezogen hat, nicht mehr zugänglich - es sei denn im Rahmen einer Stadtführung (nicht im Winter). Über diese Mängel muss der Besucher also hinwegsehen und zugleich seine Phantasie bemühen, wenn er eine ungefähre Vorstellung von dem ursprünglichen Aussehen dieses Fachwerkrathauses gewinnen will. Dies dürfte angesichts der vorliegenden Befunde sowie Aktennotizen nicht schwierig sein; zu berücksichtigen ist dabei auch die Lage dieses Fachwerkrathauses im Gefüge der Altstadt der Stadt Zierenberg.

 

Planmässige Anlage der Stadt Zierenberg

Landgraf Heinrich I., „das Kind von Brabant" (reg. 1265-1308), gründete um das Jahr 1290 auf dem linken Ufer der Warme die Stadt Zierenberg und liess sie nach klarem Plan anlegen . Den nahezu rechteckigen Grund riss - die beiden Längsseiten sind die Süd- und die Nordseite - teilen vier parallel geführte Strassen in fünf langgestreckte Siedlungsflächen: die „Lange Strasse", die „Mittelstrasse", die „Poststrasse" und die „Burgstrasse" (von Süd nach Nord). In der Mitte des Streifens zwischen der „Mittelstrasse" und der „Poststrasse" liess man eine grössere Fläche frei: Auf ihr begann man ab dem Jahr 1293 die vermutlich St. Maria und Johannes Evangelista geweihte Stadtkirche zu errichten; östlich von ihr legte man einen Platz für das Marktgeschehen an. Mit der Verleihung der Stadtrechte im Jahre 1298 erhielt die junge Gründung das Recht, vier Mal im Jahr einen Markt abzuhalten - an diese Märkte erinnert heute der „Zie renberger Viehmarkt"! - und das Recht, Münzen zu schlagen. Die Abgrenzung des Platzes nach Norden bildete ein Bauwerk, das man als Vorgänger des 550 Jahre alten Fachwerkrathauses ansehen kann. „Es mag dieser Vorgängerbau den Bedürfnissen nicht mehr genügt haben", vermutet Anneliese Klappenbach in ihrem Aufsatz „Stadtzentrum und Rathaus der Stadt Zierenberg"1) , so dass sich die Stadt 150 Jahre später zum Bau eines neuen Rathauses hinter dem Vorgängerbau entschloss:

 

 

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