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„eine Schafheerde mit einem eigenen Hirten (Schäferei) zu halten, im engeren Sinne zugleich die Befugniß, die Schafheerde auf der ganzen Feldmark oder doch auf bestimmten fremden Grundstücken weiden zu lassen“4.

Im 19. Jahrhundert erfuhr die Schafhaltung zunächst beträchtliche Zunahme; Landau führte 1842 an, in den letzten acht Jahren habe sich die Zahl um 130.000 vermehrt und betrage nun über 561.100 Stück, die an 60.000 Stein Wolle lieferten, gestützt durch einen 1825 zu Kassel eingerichteten Wollmarkt5. Doch mit den Agrarreformen wandelte sich die rechtliche Lage der Landwirtschaft und die Bewirtschaftung der Flur grundlegend; davon betroffen war auch die Schäferei, die nun immer geringere Bedeutung hatte. Gerland vermerkte 1906, daß die Schafhaltung im Hessenland durch die Ablösung der Hutegerechtsame mehr und mehr zurückgehe, lediglich in Oberhessen seien Schafe noch in größerer Zahl vorhanden, und auf den beiden jährlich stattfindenden Schafmärkten in Kirchhain würden jedesmal, allerdings mit Zuzug aus Westfalen, etwa 600 Stück aufgetrieben6.

Berücksichtigt man die besonderen landesgeschichtlichen Zusammenhänge der rechtlichen und wirtschaftlichen Entwicklung im hessischen Schäfereiwesen, liegt es nahe, für den ehemals kurhessischen Raum (bzw. die Landgrafschaft Hessen-Kassel) intensivere Quellenstudien aufzunehmen; dazu bieten sich neben den in Archiven gesicherten Quellen wie Sal-, Kataster- und Kirchenbüchern (diese zur Erschließung der biographischen Daten von Schäfern und ihrer Mobilität) insbesondere die Schäfereikontrakte an, die ergiebige, aber kaum dokumentierte oder archivierte Quellen sind. Mit der verbreiteten Schafhaltung gehörte auch der Beruf des Schäfers zum sozialen Gefüge des Dorfes7. Seiner Verantwortung für die anvertraute Herde, vor allem aber gegenüber den Eigen- [Eigentums-]

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4 Ebd., S. 27, nach Beseler, 3, § 193.

5 Georg Landau: Beschreibung des Kurfürstenthums Hessen Kassel 1842, S. 85.

6 Wilhelm Gerland: Die Landwirtschaft. In: Carl Heßler (Hrsg.): Hessische Landes- und Volkskunde. Das ehemalige Kurhessen und das Hinterland am Ausgange des 19. Jahrhunderts. Band 1/1, Marburg 1906, S. 366 - 474, hier S. 387f.

7 Wolfgang Jacobeit: Schafhaltung und Schäfer in Zentraleuropa bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Berlin 1961; Theodor Hornberger: Der Schäfer. Landes- und volkskundliche Bedeutung eines Berufsstandes in Süddeutschland. (= Schwäbische Volkskunde, NF 11712) Stuttgart 1955.

 

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