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der Reformation überhaupt, erinnern wollte, nicht zuletzt durch den Rückgriff auf das entscheidende Jahr 1530. Der Landgraf, dem die Klosterkirche in Haina als Aufstellungsort für das Relief bekannt war, wird den Spruch als einen Appell verstanden haben.

 

Die hl. Elisabeth - die geistige Ahnfrau der Hohen Hospitäler

Der Ermahnung, am Wort des Herrn festzuhalten, dient auch die Darstellung der heiligen Elisabeth. Der Künstler wollte dem Landgrafen ins Gedächtnis zurückrufen, dass er es gewesen sei, der den Schrein der Marburger Heiligen hat eröffnen und die Gebeine der Vorfahrin „zur Verhütung fernem Aberglaubens" auf dem gegenüberliegenden Pilgerfriedhof begraben lassen. Dabei war es Landgraf Philipp als evangelischem Christen nur um die Beseitigung des Heiligenkultes im protestantischen Territoriums gegangen, keineswegs aber um eine Schmälerung des Ansehens seiner Ahnfrau als Landespatronin. Die Einbeziehung Elisabeths auf dem Philippstein macht deutlich: Die Fortsetzung ihres Dienstes im Marburger Franziskusspital geschah in der reformatorischen Stiftung der Hohen Hospitäler für die bis dahin noch unversorgte Landbevölkerung. Elisabeth wird nun nicht mehr als die katholische Heilige verehrt, sondern ist ausschließlich die Wohltäterin der Armen und der Kranken. Der der Heiligen beigegebene Spruch des „Philippsteins" gibt jedoch den entscheidenden Hinweis: Adressat der Barmherzigkeit ist der Lazarus aus dem biblischen Gleichnis vom reichen Mann und vom armen Lazarus (Lk. 16,19-31).

Zum Verständnis des Unterschiedes zwischen reformatorischem und mittelalterlichem Glauben kommt dem Lazarusmotiv eine besondere Bedeutung zu. Denn nach Ansicht der Reformation strebte der römisch-katholische Mensch danach, das Heil durch „Werkgerechtigkeit“, aus eigenem Bemühen heraus, zu erlangen. Der neue Glaube stellte die paulinische Auffassung dagegen, „dass der Mensch gerecht werde ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben" (Römer 3,28). Sozialgeschichtlich betrachtet war das gesamte späte Mittelalter geprägt von Armut und Bettelei. Von seinem Heilsverständnis her bedurfte das Mittelalter geradezu der Armen;. denn wer selig werden wollte, der musste nach dem biblischen Gebot Almosen geben. Almosen aber setzten das Vorhandensein von Armut voraus. Man wollte ja nicht, dass es einem selber einmal so erginge wie dem reichen Mann im Gleichnis, der dem armen Lazarus Almosen verweigert hatte und der dafür mit Höllenqualen büßen

 

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