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musste. Der Teufelskreis der Armut besaß eine zwingende Logik. Der mittelalterlichen Auffassung von der Verdienstlichkeit der guten Werke stand die Pflicht des evangelischen Menschen zur Nächstenliebe gegenüber. Lazarus, dem Prototyp des Bedürftigen, musste geholfen werden, ohne auf den Lohn zu sehen. Die Aussage des Philippsteins ist die: Elisabeth verrichtete entgegen der gängigen Auffassung ihren Dienst zum Wohle des armen Lazarus uneigennützig. Damit wird sie der mittelalterlichen Werkgerechtigkeit entfremdet. Nach der Beseitigung des römisch-katholischen Heiligenkultes gilt Elisabeth im protestantischen Sinne nur noch als die Dienerin der Armen und Kranken, sie wird gleichsam zum Vorbild eines jeden evangelischen Christen. In der Nachfolge seiner Ahnfrau hat Landgraf Philipp die reformatorischen Hospitäler errichtet. Alles das aber steht jetzt nach der Unterwerfung unter den katholischen Kaiser auf dem Spiel. Auch die Darstellung Elisabeths soll den Fürsten also ermahnen, beim Wort, beim reformatorischen Glauben zu bleiben - „Verbum Domini manet in aeternum".

Bei der Aufhebung der Klöster und Stifter war Landgraf Philipp äußerst behutsam vorgegangen. Jedem Mönch und jeder Nonne war es freigestellt, sich außerhalb der Landgrafschaft einem anderen im alten Glauben verbliebenen Konvent anzuschließen. Manche Mönche des Klosters Haina begaben sich an die neue Universität Marburg, um evangelische Theologie zu studieren und später Pfarrer zu werden; andere blieben in Haina zum Aufbau der Hospitalverwaltung. Es gab aber Mönche, die mit der Klosterpolitik Philipps unzufrieden waren. Diese schlossen sich zunächst auf dem Klosterhof in Frankfurt, später auf Einladung des Erzbischofs von Mainz im dortigen Antoniterhaus zu einem Hainaer Exilkonvent zusammen. In hartnäckigen Prozessen bemühten sie sich um die Rückerstattung des Klosters und seiner Güter an den Zisterzienserorden. Die Unterwerfung Landgraf Philipps unter den Kaiser brachte den Abt im fernen Mainz seinem Ziel, das Kloster zurückzuerhalten, ein großes Stück näher. Auf der anderen Seite bedeutete dies, dass die Existenz der reformatorischen Hospitäler damit aufs höchste gefährdet war. Auf diese Bedrohung spielt Soldan mit der Gestalt der Harpyie an. Der bisherige Eigennutz der Klöster soll in der mit der Mönchskappe versehenen Harpyie symbolisiert werden. Der Geiz kommt in der verschlossenen und an das linke Bein geketteten Geldtruhe zum Ausdruck. Dagegen steht der „gemeine Nutz" der Hospitalstiftung Landgraf Philipps in der Nachfolge der evangelisch verstandenen Landgräfin Elisabeth. Die Verwendung der

 

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