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Unentbehrlich für das geordnete Zusammenleben erwiesen sich auch in Lichtenau die Zünfte. Es überrascht nicht, dass es insgesamt sieben davon gab und dass die Zunft der Leineweber (1577) die erste und die größte war. Von den 385 Leinewebern des Jahres 1724 im Amt Lichtenau lebten 65 in der Stadt. 1782 zählte man im Amt Lichtenau noch 535 Meister - in der Stadt selbst 1809 noch 70. Mit Einführung der Gewerbeordnung von 1869 fanden die Zünfte ihr Ende, lebten allerdings in einigen Orten in den Sitzungstagen bis heute weiter.

Aber die Lichtenauer erfuhren auch die Schattenseiten des Lebens. Wie alle Fachwerkstädte war auch Hessisch Lichtenau stets von Bränden bedroht. Ver heerende Stadtbrände gab es in den Jahren 1521 und 1523; 1875 wurden sämt liche Gebäude auf der östlichen Seite der Mittelgasse zwischen Schulgasse und Junkergasse vernichtet, 1886 die Kirche, 20 Wohnhäuser und 34 Nebengebäu de; schließlich verwüstete im Winter 1929 ein Brand die Häuser oberhalb der Junkergasse. Aber was waren alle diese Schäden gegenüber den furchtbaren Verwüstungen im „Kroatenjahr“ 1637, in dem die ganze Stadt in Flammen aufging und viele Menschen unter furchtbaren Qualen zu Tode kamen?

Über die Zeiten hin gilt es, eines Mannes zu gedenken, der mit Recht als der größte Sohn der Stadt Lichtenau bezeichnet und geehrt wird: Johann Feige, 1482 in Lichtenau geboren, studierte von 1501 bis 1504 in Erfurt Rechts wissenschaft, wobei er Martin Luther kennenlernte, wurde 1513 Hofkanzler der Landgräfin Anna in Kassel, 1519 Kanzler Philipps des Großmütigen, 1527 erster Kanzler der neugegründeten Universität Marburg, leitete 1529 das Religionsgespräch zwischen Luther und Zwingli in Marburg und war führend bei der Gründung das Schmalkaldischen Bundes 1531 beteiligt. Er starb 1543 in Kassel. Die Stadt Hessisch Lichtenau ehrte Johann Feige 1910 mit der Aufstellung des Kanzler-Feige-Brunnens vor der Stadtkirche.

 

Wirtschaft, Verkehr und Politik

Mit der Verlagerung der Kasseler Firma Fröhlich & Wolff, die 1907 eine Schwerweberei und Cordspinnerei in der Nähe das Güterbahnhofs Lichtenau in der Leipziger Straße 7 eröffnete, begann in Hessisch Lichtenau die Industrialisierung und mit ihr ein ungeahnter Aufschwung. Außerhalb der Stadtmauern entstanden nun neue Straßenzüge: am „Kreuzrasen“, an der Sälzer Straße und der Retteröder Straße, außerdem in der Bingenstraße und am Johannesberg. Als in den 30er Jahren die Sprengstoff-Fabrik in Hirschhagen gebaut wurde, kamen die Siedlung Hessisch Lichtenau und andere hinzu, au- [außerdem]

 

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