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rung [Auswanderung] in die USA zum „Charles“ avancierte Carl Preuss trägt Mitte des 19. Jhs. zur Entdeckung und Vermessung des Westens bei. Eben jener Gebiete, für die der an seinem Geburtstag unterschriebene Vertrag den Weg frei machte. In seiner alten Heimat unbekannt, gilt Charles Preuss in den USA als einer der großen Mapmaker (Kartenmacher) seiner Zeit. Seine Landkarten, Skizzen und Notizen sind die ersten über das Gebiet zwischen Mississippi und Pazifik, die auf Prinzipien moderner Kartografie basieren. Sie dienen der Regierung zur Besiedelung des Landes, Eisenbahn-Unternehmen zur Bestimmung der Trossen sowie Auswanderern und Goldsuchern als Wegweiser.

Unterwegs im Auftrag des Kongresses, geleitet vom legendären „Pfadfinder“ John Charles Fremont: Die Expeditionen führen Preuss Tausende Meilen kreuz und quer durch den Westen. Monate kämpft sich die rund 30-köpfige Gruppe durch Wüste, Schnee und Prärie. Zur Fortbewegung - für den Landvermesser auch als Arbeitsplatz - halten Boote, Pferde und Mulis her. Weite Strecken werden zu Fuß zurückgelegt.

Preuss stellt keine Abenteurernatur dar, wie sein Tagebuch belegt. Auf seiner ersten Expedition hält er nach wenigen Tagen für Ehefrau Gertrud fest: „Morgen werden wir starten, geradewegs zu den Indianern. Nichts ist daran zu ändern, mein liebes Trautchen. Natürlich könnte ich hier zurückbleiben - aber was wäre das für eine Schande!“ Von Washington aus startet er 1850 erneut gen Kalifornien und erleidet bei Arbeiten einen Sonnenstich. Die Krankheit artet in geistige Verwirrung aus. Der als melancholisch geltende Waldecker verzagt: Am 1. September 1854 nimmt sich Carl Preuss 51-jährig das Leben. Der Familienvater erhängt sich auf einer Farm nahe Washington.

Preuss wird auf dem Ehrenfriedhof des Kongresses in Washington bestattet. Im Nachruf bezeichnet ihn „The Evening Star“ als einen der wissenschaftlichsten Männer seiner Profession. Fach- und Historikerkreise würdigen seinen „entscheidenden Beitrag zur Erschließung des Westens“. Kopien seiner Karten kosten heute mehrere tausend Dollar.

Für noch bedeutender halten viele Preuss' Tagebücher. 100 Jahre nach seinem Tod in Deutschland aufgetaucht, werden sie 1958 in den USA veröffentlicht. Sie sind an seine Frau gerichtet, geben ein persönliches, unverfälschtes Bild von der Entdeckung Amerikas und einem Mitentdecker. So schreibt Preuss am 30. April 1843: „Heute ist mein Geburtstag. Ein Kaktus, groß wie ein Kohlkopf, voll Saft; es war schwer, ihn zu essen, aber die Anstrengung hat sich gelohnt in dieser sandigen Wüste.“ Die Geburtstagsfeier des Waldeckers im Wilden Westen.“15

Andreas Hermann

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15 Quelle: HNA vom 29.April 2003.

 

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