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am Ostersonntag, dem 1. April 1945, mit
der Beschießung der Stadt begannen,
sprengten deutsche Truppen noch die
Straßenbrücke über die Fulda am Altmarkt.
Nachdem der „Kampfkommandant“
der Festung Kassel, Generalmajor
Johannes von Erxleben, die Aussichtslosigkeit
einer Verteidigung eingesehen
hatte, entschied er sich in der Nacht vom
3. auf den 4. April 1945 für die Übergabe
der hochgradig zerstörten Stadt und ersparte
ihr damit erneutes Leid. Unmittelbar
nach dem Einmarsch setzten die Amerikaner
den früheren Verwaltungsdirektor
in der Stadtverwaltung, Willi Seidel,
als kommissarischen Oberbürgermeister
ein. Seidel gehörte vor 1933 der
DDP an und war danach parteilos.
Hatte Kassel vor Kriegsbeginn noch
216.141 Einwohner, so befanden sich zur
Zeit des Einmarschs der Amerikaner
noch schätzungsweise 40.000 bis 50.000
Menschen in der Stadt. Im Januar 1946
konnten erst wieder 116.565 Menschen
gezählt werden. Die Einwohnerzahl des
Jahres 1939 sollte jedoch seither nie wieder
erreicht werden. Zehntausende waren
obdachlos, und noch 1953 warteten
40.000 Kasseler Evakuierte auf die Gelegenheit
zur Rückkehr in die Heimatstadt.
Die etwas abstrakte Debatte späterer
Jahre, ob es sich bei der Besetzung durch
die Alliierten um eine „Niederlage“ oder
eine „Befreiung“ gehandelt habe, trifft
sicherlich wenig die Gefühlslage der
Bevölkerung einer deutschen Großstadt.
Wer sich Anfang April 1945 in der Ruinenstadt
Kassel aufhielt, war beseelt von
„gemischten Gefühlen: Angst vor den
einmarschierenden amerikanischen Truppen
einerseits, Erleichterung über das
Ende des grauenvollen Krieges und der
nationalsozialistischen Gewaltherrschaft
andererseits, zugleich Trauer über die
totale Niederlage nach den Jahren des
Leidens und der Entbehrungen.“1 Beeinflusst
war die Erwartungshaltung der
Menschen nicht zuletzt durch die Nazi-
Propaganda der letzten Kriegsmonate, die
unermüdlich vor der gnadenlosen Rache
der Sieger warnte.
Demokratisches Leben
In gewisser Weise waren nach Kriegsende
diejenigen politisch Aktiven im Vorteil,
die dem Nationalsozialismus feindlich
gegenüber gestanden hatten. Informelle
Kontakte vereinzelter Regimegegner
hatten auch während der nationalsozialistischen
Unterdrückung fortbestanden.
Vor allem waren es aktive Sozialdemokraten,
die erste Anläufe unternahmen,
das 1933 gewaltsam beendete demokratische
Leben wieder in Gang zu
bringen. Der SPD-Politiker Karl Herrmann
richtete bereits am 10.Mai 1945
einen Antrag an die Militärregierung,
einen „Kommunalpolitischen Beirat“
einzuberufen, der aus Mitgliedern der
antifaschistischen Parteien von vor 1933
bestehen sollte. Dem Wunsch nach einem
überparteilichen Ausschuss schlossen
sich bald auch Vertreter bürgerlicher
Parteien an, so dass am 21.08.1945 eine
erste offizielle Sitzung stattfinden konnte.
Der Lagebericht des Kasseler Polizeiprä
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