_4______________________________________________________________
sidenten meldete schließlich im September,
dass sich vier Parten, SPD, KPD,
CDU und LDP (später FDP) konstituiert
hätten. Sehr genau beobachtete die amerikanische
Militärregierung die zaghaften
Anfänge des politischen Engagements
und erkannte dabei auch die reservierte
Skepsis vieler: „...die Linken sind jetzt
die ersten, die Gesuche für die Gründung
von Parteien stellen. Das hat die ‚Bürgerlichen‘
in die Defensive gedrängt und sie
gezwungen, - nolens volens – zu reagieren
und Parteien ‚der Mitte‘ zu gründen.
Viele Deutschen ziehen es vor, sich von
jeder politischen Aktivität fern zu halten,
da sie durch ihre Gefolgschaft an eine
Partei jetzt ihre beruflichen Stellungen
verloren haben. Es wird z.B. geschätzt,
dass 35 % der Bevölkerung von Kassel
im Falle einer Wahl ihre Stimme nicht
abgeben würden.“2 Diese Befürchtung
sollte sich im folgenden Jahr als gegenstandlos
erweisen. Die erste Stadtverordnetenwahl
im Mai 1946 erreichte eine für
heutige Zeiten traumhafte Wahlbeteiligung
von fast 86 %.
Das Verwaltungszentrum Kassel
Die Stadt hatte ihre Funktion als Hauptstadt
der preußischen Provinz Hessen-
Nassau bereits während des Krieges eingebüßt.
Seit dem 1.4.1944 war Kassel nur
noch Hauptstadt von Kurhessen. Nach
der Etablierung einer Militärregierung,
der bedingungslosen Kapitulation Nazi-
Deutschlands und der endgültigen Festlegung
der Zonengrenzen war die Situation
bis Mitte des Jahres 1945 in Hinblick
auf die Schaffung neuer Verwaltungseinheiten
und effektiver politischer Strukturen
aber noch relativ offen. In früheren
Zentren wie Kassel und Darmstadt arbeiteten
zunächst Detachments der amerikanischen
Militärregierung (in Kassel E-
1C-2, später E 4) daran, die alten Verwaltungsstrukturen
wieder aufzubauen. Noch
im Juni ging die Militärregierung davon
aus, dass Kassel Hauptstadt einer Provinz
mit den Regierungsbezirken Kassel,
Wiesbaden und Frankfurt werden sollte.
Bald jedoch wurde die betreffende Einheit
der amerikanischen Militärregierung
von Kassel in das weniger zerstörte Marburg
verlegt. Die Einsprüche von Oberbürgermeister
Seidel und Regierungsund
Oberpräsident Hoch gegen diese
Verlagerung waren vergeblich.
Die neuen Grenzziehungen der Besatzungsmächte
stellten per se schon einen
gravierenden Nachteil für die einstige
Provinzhauptstadt dar. Die früher so bedeutende
zentrale Lage war durch die
Zonengrenzen der Siegermächte verloren
gegangen. „Zonenrandlage“ bedeutete
anfangs eine Lage sowohl am Rand der
stark abgeriegelten britischen Zone im
Norden wie auch der sowjetischen Besatzungszone
im Osten. Von Vorteil für
Kassel war die Bildung der amerikanisch-
britischen Bi-Zone am 1.1.1947.
Währenddessen wandelte sich aber die
Grenze zur sowjetischen Besatzungszone
im Zuge der Ost-West-Spaltung immer
mehr zum „Eisernen Vorhang“ – für die
Region auf Jahrzehnte ein gravierender
Standortnachteil. Folgenreich für die
vorherige Seite  -  zurück  -  nächste Seite
 
 
vorherige Seite  -  zurück  -  nächste Seite