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Zukunft Kassels sollte vor allem die Proklamation
Nr. 2 von General Dwight D.
Eisenhower vom 19. September 1945
werden, die im Gebiet der amerikanischen
Besatzungszone die Gründung der
Länder Bayern, Württemberg-Baden und
Groß-Hessen verfügte. Hauptstadt des
neuen Landes Hessen wurde bekanntlich
Wiesbaden, was die Bedeutung der nordhessischen
Großstadt als Behördenstandort
endgültig zurückdrängte.
Wirtschaft
Vielen Menschen war erst nach Kriegsende
bewusst geworden, dass Kassel als
Zentrum der Rüstungsproduktion schon
seit Beginn des Luftkriegs in hohem Maße
gefährdet war. Da fast die gesamte
ortsansässige Industrie militärischen
Zwecken diente, ergaben sich nach Ende
des Krieges gravierende Strukturprobleme,
deren Folgen selbst in den Zeiten des
blühenden „Wirtschaftswunders“ noch
nicht überwunden waren. Zunächst einmal
waren rund 30.000 Arbeitslose die
unmittelbare Folge der Niederlage. Zudem
war die Stoßrichtung der alliierten
Industrie- und Wirtschaftspolitik anfangs
keineswegs eindeutig. Zwar einigte man
sich darauf, das deutsche Kriegspotential
zu vernichten, Demontagen durchzuführen
und die industrielle Produktion zu
begrenzen. Unklar war aber zunächst, ob
man Deutschland in ein Agrarland zurückverwandeln
solle und könne („Morgenthau-
Plan“), oder ob man besser mittels
Aufbauhilfen verhindern sollte, dass
ein de-industrialisiertes Deutschland zum
Kostgänger der Sieger würde. Bekanntlich
hatte der Zwist zwischen der Sowjetunion
und den westlichen Alliierten
zumindest für Westdeutschland den Vorteil,
dass im Zuge der West-Integration
ein wirtschaftlicher Wieder-Aufstieg
ermöglicht wurde. Dies ändert aber
nichts daran, dass die Folgen der Nachkriegsentwicklung
im Norden und Osten
des Bundeslandes Hessen eine langfristige
Strukturschwäche und schleichende
Marginalisierung mit sich brachte. Zweifellos
muss der für Hessen so typische
Nord-Süd-Gegensatz als Folge der Entwicklung
in den ersten Nachkriegsjahren
gesehen werden.
Wiederaufbau
Es ist in den vergangenen Jahrzehnten
viel über den Wieder- bzw. Neuaufbau
der Stadt Kassel diskutiert worden. Propagandaminister
Joseph Goebbels hatte
am 5.11.1943, ca. zwei Wochen nach
dem Großangriff, in der Kasseler Stadthalle
ausgerufen: „Gewiß ist das ins Herz
schneidend, wenn man so eine zerstörte
Stadt sieht. Aber im Fahren durch die
ganze Trümmerwelt sehe ich in meiner
Phantasie schon eine in fünf oder sechs
oder vielleicht auch in drei Jahren nach
dem Sieg wiederaufgebaute Stadt. Denn
wenn der Nationalsozialismus solche
Wunder der Tapferkeit und großzügiger
Organisation fertiggebracht hat, so wird
er auch das Wunder fertig bringen, nach
dem Kriege unter Zusammenfassung der
gesamten Volkskraft diese Städte wieder
aufzubauen. Und zwar moderner, als sie
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