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Aus Stadt und Land
len Aufschwung. Allerdings haftet Jéröme noch heute der Spottname „König Lustik" an, den er sich durch höfischen Prunk und ausschweifende Feste erworben hat.
Als Modellstaat sollte das Königreich Westphalen ein Vorbild für die übrigen deutschen Länder sein. Deshalb erhielt es die erste Verfassung und das erste Parlament auf deutschem Boden. Die Verfassung garantierte zusammen mit dem Code Napoléon die Gleichheit aller Untertanen vor dem Gesetz und beendete so auch die rechtliche Diskriminierung der Juden. Nach der Einberufung eines Parlaments hatten Abgeordnete nun erstmals auf deutschem Boden zumindest ein begrenztes Mitspracherecht bei der Gesetzgebung. Kein Einwohner des Modellstaats blieb von der neuen Herrschaft unberührt, denn Wirtschafts- und Sozialreformen sorgten für eine Umwälzung aller Lebensbereiche.
Das Königreich Westphalen musste riesige Summen an Frankreich abführen. Mit Steuern und Zwangsanleihen versuchten die Beamten, diese Gelder bei den Untertanen einzutreiben. Napoleon verlangte außerdem die Bereitstellung von Truppen. Tausende junger Westphalen starben für ihn auf den Schlachtfeldern Europas. Diese finanziellen und militärischen Lasten schürten Unmut in der Bevölkerung. Mehrere Aufstände gegen die Herrschaft Jérömes wurden blutig niedergeschlagen. Die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit war das Grundproblem des mit großen Hoffnungen gestarteten Modellstaats, der schließlich 1813 unter dem Ansturm russischer und preußischer Truppen zusammenbrach.
Die Ausstellung findet an dem Ort statt, den Jéröme zum Sitz des westphälischen Parlaments bestimmt hatte: dem Museum Fride ricianum. Mit etwa 800 Exponaten zeigt sie die Licht- und Schattenseiten einer schillernden Herrscherfigur und ihres reformorientierten Königreichs. Neben Objekten aus den eigenen reichhaltigen Sammlungen präsentiert die Museumslandschaft Hessen Kassel eine Vielzahl von Leihgaben aus deutschen
Museen, Archiven und Privatsammlungen. Bedeutende Kunstwerke und Dokumente kommen zudem aus Frankreich, Russland, Großbritannien, der Schweiz und den USA. Besonders eng ist die Kooperation mit dem Musée Napoléon ler im Schloss Fontainebleau bei Paris. Die Ausstellung wird von einem umfangreichen Veranstaltungsprogramm begleitet. Konzerte, Filmabende und Vorträge sollen das Informationsangebot der Ausstellung bereichern und vertiefen.
Die Ausstellung wird ermöglicht durch die Unterstützung der Wintershall AG, Kassel.
Arnulf Siebeneicker Thorsten Smidt
König Lustik!? - Jérôme Bonaparte und der Modellstaat Königreich Westphalen Hessische Landesausstellung 2008
Museum Fridericianum Kassel 19. März - 29. Juni 2008 info(a)koenig-lustik.de
www.koenig-lustik.de