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Aus Stadt und Land
Die mittelalterlichen Wandmalereien der Zierenberger Stadtkirche. Symposium 1. Dezember 2006
Schon vor etwa 10 Jahren, als man mit der Restaurierung der Wandmalereien in der evangelischen Stadtkirche in Zierenberg begann, war der Gedanke eines wissenschaftlichen Symposiums durch den seinerzeit zuständigen Bezirkskonservator Dr. Haaßengier angeregt worden. Nach Abschluss dieser Restaurierungsarbeiten wurde der Plan wieder aufgegriffen und im Rahmen der Festwochen, getragen von der Kirchengemeinde, Gemeinde und „Förderverein Wandmalereien" realisiert. Vergleichbare Symposien in Bad Wildungen zum Altar des Conrad von Soest (2003) und in Friedberg „Die gebrauchte Kirche" (2006) übten dabei eine gewisse Vorbildfunktion aus.
Die mittelalterlichen Wandmalereien des 14. und 15. Jahrhunderts in der evangelischen Stadtkirche zu Zierenberg, die fast den gesamten Kirchenraum einnehmen, sind von überregionaler Bedeutung. Nach ihrer Übermalung im Zuge des mauritianischen Bildersturms (um 1604) wurden sie erst 1934 wieder freigelegt, Anfang der 60er Jahre und erneut zwischen 1997 und 2006 restauriert.
Namhafte Vertreter aus Kirche, Museum, Wissenschaft und Denkmalpflege waren eingeladen, um die Malerei vor dem historischen Hintergrund der Zeit neu zu deuten. Das ganztägige Symposium war öffentlich und richtete sich gleichermaßen an interessierte Laien wie an das Fachpublikum. Nach der Begrüßung durch den Dekan Dr. Gernot Gerlach, den Bürgermeister Jürgen Pfütze, den Vorsitzenden des Fördervereins Jürgen Wenzel und den Pfarrer der Kirche Markus Schnepel, der auch die Moderation übernahm, folgte ein Rückblick auf die Restaurierungsmaßnahmen.
Zwei Referate widmeten sich eingangs dem historischen Kontext: Karl Hermann Wegner, Direktor des Stadtmuseums Kassel i.R., erläuterte die historische Situation der
Landgrafschaft Hessen im Hoch- und Spätmittelalter, Dr. des. Christian Philipsen (Luthergedenkstätten Eisleben) sprach zum Thema: Zierenberg und Kloster Hasungen: Kirchliches Leben im Spätmittelalter". Bauherren der Zierenberger Kirche waren die Landesherren - eine Bauinschrift nennt ausdrücklich Landgraf Heinrich 1. - „sant elsebeten tochter kint" (1293), - die bei der Konsolidierung ihres Landes in dauernden Auseinandersetzungen mit dem Erzbischof von Mainz standen. Erst in der 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts konnte sich der Landesherr durchsetzen.
Zwei weitere Vorträge widmeten sich dem Kirchengebäude: Dekan i.R. Reinhart Weinbrenner (Kassel) bezeichnete das Kirchengebäude als „steingewordenen Ausdruck mittelalterlicher Frömmigkeit" und arbeitete in seinem klar strukturierten Vortrag zur Baugeschichte der Kirche vier Hauptperioden heraus (1293-1343 Chor und Untergeschoss des Turms, ab 1430 Kirchenschiff - am Turm sind weitere Bauphasen abzulesen). Besonders interessant war die Frage, ob eine „capella", auf die das Kloster Hasungen 1298 verzichtete, bereits an der Stelle der jetzigen Kirche gestanden habe. War man so mit dem Bau einigermaßen vertraut, ging Bezirkskonservatorin Dr. Verena Jakobi (Marburg) in ihrem Referat „Die Zierenberger Stadtkirche im Kontext der Hallenkirche im hessischen und westfälischen Raum" auf die Bedeutung der Hallenkirche ein. Sie stellte fest, dass sich die Stadtkirche in Zierenberg „trotz der räumlichen und politischterritorialen Nähe zum Gebiet der hessischen Hallenkirchen (Marburg, Wetter, Haina, Grünberg, Frankenberg, Homberg/Efze) ... nicht diese Bauten zum Vorbild nahm, sondern ihre Prototypen in den westfälischen Hallenkirchen" mit ihrer zum „Einheitsraum" (3x3 Joche) tendierenden Raumform