Dokumentation zum Tag der Hessischen Landesgeschichte am 19. September 2009 in Kassel
175 Jahre 1834−2009 Verein für hessische Geschichte und Landeskunde Kassel 1834 e.V
zusammen mit der Revolution von 1848 und der darauf folgenden und der darauf fußenden Reichseinigung von 1870/71, was das Tun der Geschichtsvereine auf Landeshistorie und Heimatforschung verweist: auf ein Feld, das sie freilich immer schon beackert, auch zuvor nicht überschritten hatten, das nun aber in der Hierarchie der historischen Gegenstände hinter der National- und Reichsgeschichte in die zweite Reihe rückt.
An den Gründungen mancher Geschichtsvereine in den Jahren vor der 48er Revolution haftete, so Hermann Heimpel, ein Hauch von „Freundschaftskult des Sturm und Drang“, auch von „Ruinenverehrung der Romantik“. Bestätigt sieht er dies in der Erzählung, wie drei Freunde den Entschluss fassen, für Kurhessen einen Verein für Geschichte und Landeskunde zu gründen. Dabei handelte es sich um Karl Bernhardi, seines Zeichens Bibliothekar an der Landesbibliothek zu Kassel, Heinrich Schubart, Sekretär der Landesbibliothek und Georg Landau, ein Privatier, der sich historischen Studien hingab. Sie waren in den mittleren Jahren: Schubart, geboren 1800 war 34, Bernhardi, geboren 1799, war 35, Landau, der jüngste, geboren 1807, war 27 Jahre alt. Alle drei waren Kinder des napoleonischen Zeitalters, hatten als Knaben den Niedergang des Alten Reichs und den Aufstieg Frankreichs zur kontinentalen Hegemonialmacht erlebt, auch die Epoche der „Fremdherrschaft“ und die Rückkehr des Kurfürsten Wilhelm I. in seine Residenz und seine angestammten Rechte, als junge Männer waren sie konfrontiert mit der Epoche der Restauration oder genauer und einen Begriff meines Kollegen Winfried Speitkamp benutzend: mit der Epoche der nachnapoleonischen „Transformation“. Die drei Männer waren 1834 unterwegs, um die Eltern Bernhardis in Zierenberg zu besuchen. Schubart, der sich Jahrzehnte später erinnerte, staffiert die Szenerie bukolisch aus, setzt den Raum und das Projekt in eine innere Beziehung zueinander. „Inmitten der in aller Schönheit des Sommers prangenden hessischen Berg- und Waldlandschaft, umgeben von den Höhen, von denen die Trümmer einst stolzer Burgen, der Malsburg, der Weidelsburg, der beiden Gudenberge, des Schartenbergs und des hochragenden Turms des vormaligen Benediktinerklosters Hasungen als Zeugen der Vergangenheit herniederschauen“, verständigten sich die drei „patriotischen Gelehrten“ darauf, sich fortan und gemeinsam mit „einer Schar“ von Gleichgesinnten der „Erforschung des ganzen Hessenlandes“ zu widmen.
Doch bevor wir den Faden der Vereinsgeschichte fortspinnen, werfen wir einen Blick auf den zeitlichen Kontext, in dem sich der Gründungsakt vollzog. Angestoßen von der Julirevolution in Paris, waren 1830 auch in Kurhessen Unruhen ausgebrochen, die aller Welt vor Augen führten, dass das Ancien Régime in einer tiefen Krise steckte. Eine Welle von Tumulten und Ausschreitungen war über das Land geschwappt und hatte den Kurfürsten zu Konzessionen genötigt. Um der von Bauern und städtischen Unterschichten getragenen Protestbewegung den Boden zu entziehen, wurden im September die Landstände einberufen, die nach bemerkenswert zügigen Beratungen eine Verfassung verabschiedeten. Die Erwartungen, die sich daran knüpften, zielten auf Umwandlung der Untertanen- in eine Bürgergesellschaft, auf einvernehmliches Miteinander von Regent, Regierung und Volksvertretung im Rahmen einer konstitutionellen Monarchie. Legitimiert durch universelle Prinzipien der Vernunft,
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