Dokumentation zum Tag der Hessischen Landesgeschichte am 19. September 2009 in Kassel
175 Jahre 1834−2009 Verein für hessische Geschichte und Landeskunde Kassel 1834 e.V
Geschichtsverein jedoch nicht trübte. Von Konflikten, zumal solchen politischen Zuschnitts, ist in den mir zugänglichen Quellen jedenfalls nicht die Rede. Als die Organisation dann im Dezember 1834 offiziell aus der Taufe gehoben wurde, wählte man Rommel zum Vorsitzenden, Bernhardi zu dessen Stellvertreter. Kassenwart wurde Schubart, zum Sekretär bestellte man Landau, zu dessen Vertreter den Juristen Bickell, seines Zeichens Oberappellationsgerichtsrat in Kassel, der es 1846 bis zum Justizminister brachte, im Verein eher zu den Konservativen zählte. In der Liste der Mitglie-der findet sich der liberale Oberbürgermeister der Stadt Kassel, Karl Schomburg, neben Ludwig Hassenpflug, dem starken Mann des Ministeriums. Im Gründungsaufruf vom August 1834 knüpfte man bewusst an die „Fürstlich Hessische Gesellschaft der Altertümer“ an, die seit den 1770er Jahren bestanden hatte, aber in der Westphalenzeit aufgelassen worden war. Hatte sich schon diese Gesellschaft, wie es hieß, „der huldreichsten Unterstützung von oben“ erfreut, um so mehr hoffte man, auch nun – unter gewandelten Umständen – der fürstlichen Gunst teilhaftig zu werden, handelte es sich doch um ein Unternehmen, das versprach, sich ausschließlich „der vaterländischen Geschichte und Landeskunde“ zu widmen, insofern die Interessen des Landes ebenso wie die der Dynastie zu berücksichtigen. Die Regierung gewährte in Abstimmung mit dem Parlament einen jährlichen Zuschuss von 200 Talern, was ungefähr die Hälfte des jeweils verfügbaren Budgets ausmachte. Auf die Übersendung des ersten Heftes der Zeitschrift reagierte der kurprinzliche Mitregent Friedrich Wilhelm mit Wohlwollen. Über das Ministerium des Innern ließ er mitteilen, man habe die Tätigkeit des Vereins „mit Vergnügen“ registriert. Ähnliches war von der in der Bevölkerung außerordentlich beliebten Kurfürstin Auguste zu hören.
Gleichwohl blieben Spannungen nicht aus. Sie entzündeten sich an der Herausgabe einer Karte Kurhessens, die der Verein in Kooperation mit der kurfürstlichen Baudirektion erarbeitet hatte. Deren Vertrieb durch den Buchhandel untersagte im März 1840 der Mitregent, der glaubte nicht dulden zu dürfen, dass auf dem Titelblatt die Mitwirkung des Vereins verzeichnet wurde. Vermutlich hat er dies als „Eingriff in seine Hoheitsrechte“ empfunden. Weitaus schärfer, auch prinzipieller war dann nach der Revolution von 1848 eine Intervention des Ministeriums, die auf Streichung der jährlichen Subsidien hinauslief. Anlass dafür war das Buch des Staatsrates und ehemaligen Finanzministers Wippermann über „Kurhessen seit den Freiheitskriegen“. Dies hatte das Missfallen der Obrigkeit erregt. Es sei ein „politisches Pamphlet“, hieß es: eine Auffassung, in der sich der Unmut über eine vom liberalen Standpunkt aus urteilende Zeitgeschichtsschreibung offenbarte. Wippermann hatte namentlich die Politik Hassenpflugs zwischen 1832 und 1836 einer deutlichen Kritik unterzogen. Der 1850 erneut ins Ministerium geholte Hassenpflug erwartete eine Distanzierung: ein Verein, der einen der „Regierung des Kurstaates feindseligen“ Autor unterstütze, so das Argument, könne Gelder aus den öffentlichen Kassen nicht erwarten. Da eine Eini-gung nicht zu erzielen war, musste der Verein fünf Jahre lang auf staatlichen Zuschuss verzichten. Erst 1857, anderthalb Jahre, nachdem Hassenpflug erneut seiner Ämter verlustig gegangen war, bewilligte die Regierung einen Betrag von 100 Talern, der 1861 dann wieder die alte Höhe erreichte.
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