an, um die Stadt wirtschaftlich voranzubringen.
Diese Kaufleute begannen auch mit der
Herausbildung institutioneller Gremien zur
Verwaltung der Kommune. Mit der Herausbildung
eines Patriziates, der ersten Konstituierung
eines Rates 1217 und der Einrichtung
des Bürgermeisteramtes ab 1266 mit Sitz
im bereits 1109 urkundlich erwähnten „praetorium
friedeslariensis“ war der Stadtwerdungsprozess
abgeschlossen. Fritzlar besaß
nunmehr alle Attribute, die für die Stadt des
Mittelalters maßgebend waren: eine Ummauerung,
begonnen nach 1127, einen Marktzoll,
Münzprägung, Stadtrecht und Ratsverfassung.
Gleichzeitig vervollständigte sich dieses positive
säkulare Bild durch zahlreiche in Fritzlar
beheimatete klerikale Institutionen, wie z. B.
das Augustinerinnenkloster oder das Franziskanerkloster,
in erster Linie aber durch das
bedeutende, weit über die Grenzen Fritzlars
hinausreichende St. Petri-Stift. Dieses Stift,
entstanden 1005 durch eine Umwandlung aus
dem ehemaligen Kloster der Benediktiner aus
bonifatianischer Zeit, entwickelte sich zum
Träger des gesamten geistigen Lebens in der
Stadt und der angrenzenden Region. An der
Stiftsschule wurden Theologie, Sprachen, Jurisprudenz,
Medizin und die schönen Künste
wie Dichtung, Musik und Buchmalerei
gelehrt. Die Absolventen der Stiftsschule wurden
Notare in gräflichen Kanzleien, geistliche
Würdenträger zu Halberstadt und Osnabrück,
Kuriale zu Avignon oder Kanzler der hessischen
Landgrafen. Die Universitäten von Paris
und Bologna werden schon 1290 als Fortbildungsstätten
Fritzlarer Stiftsschüler erwähnt.
Noch heute zeugen die bibliophilen Bestände
der Dombibliothek von der geistigen Hinterlassenschaft
der Chorherren und ihrer Schüler.
Als Eckpfeiler der mainzischen Territorialpolitik
in Nordhessen wurde die Stadt immer
wieder zum Schauplatz auch der militärischen
Auseinandersetzungen zwischen den Landgrafen
von Hessen-Kassel und den Mainzer
Erzbischöfen. Es war eine über Jahrhunderte
gespannte Situation, die sich zum Beispiel im
Jahre 1232 in der Zerstörung der Stadt entlud.
Fritzlar wurde wieder aufgebaut und die
Wehranlagen wurden verstärkt, unter anderem
durch den Grauen Turm, den heute größten
noch erhaltenen städtischen Wehrturm
Deutschlands.
Die Stadt entwickelte sich zu einem wichtigen
Handelsplatz, war volkreich und wohlhabend.
Davon künden noch heute die repräsentativen
Fachwerkbauten am Marktplatz, zum
Beispiel das 1480 errichtete Kontorsgebäude
der Michaelsbruderschaft mit seinem charakteristischen
Fronterker, der in einen Turmaufbau
übergeht. Die Michaelsbruderschaft war

 

Der Graue Turm zu Fritzlar um 1910. Foto Stadtarchiv Fritzlar

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