Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Fritzlar,
die Gründung des heiligen Bonifatius und der
Ort der Königserhebung von Heinrich I., auf
den Rang eines agrarisch strukturierten Landstädtchens
herabgesunken und erlebte so den
Übergang an die Landgrafschaft Hessen-Kassel
durch den Reichsdeputationshauptschluss
von 1803. Durch diesen Beschluss wurden diejenigen
Fürsten, die in den vorangegangenen
Kriegen gegen das revolutionäre Frankreich
linksrheinische Gebiete abtreten mussten, mit
kirchlichem Besitz entschädigt. So wurde auch
das Mainzer Erzbistum säkularisiert und der
Hessische Landgraf erhielt unter anderem die
verweltlichten ehemaligen Mainzischen Ämter
Fritzlar, Naumburg, Amöneburg und Neustadt.
Der Übergang an Hessen kam in der historischen
Perspektive von heute zu spät, um noch
eine Wende gegen das weitere wirtschaftliche
Zurückfallen der Stadt herbeiführen zu können.
Das nach der napoleonischen Fremdherrschaft
wieder erstandene Hessen-Kassel wertete Fritzlar
im Organisationsedikt von 1821 zwar administrativ
zur Kreisstadt auf, aber der Kreis zählte
nur 25.000 Einwohner. Der Spirale aus Armut,
relativem Bevölkerungsrückgang und ökonomischer
Perspektivlosigkeit versuchten die politisch
Verantwortlichen mit der Ansiedlung einer
Garnison zu begegnen. 1866 wurde Fritzlar
mit Hessen preußisch und es gelang endgültig,
dauerhaft Militär zu stationieren. Fritzlar
ist durch alle Wechselfälle der nachfolgenden
deutschen Geschichte hindurch bis heute Garnisonstadt
geblieben. 1884 erhielt die Stadt einen
Bahnanschluss und 1898/99 erfolgte die
Verlegung des Wasserleitungs- und Stromnetzes.
Erst im Jahr 1912 erfolgte der Bau der Kanalisation.
Ansätze zur Industrialisierung, zum
Beispiel im Bereich der ton- oder zementverarbeitenden
Wirtschaft, blieben bis zum Ausbruch
des Ersten Weltkrieges in den Anfängen
stecken. Wie andere Städte in Deutschland
litt auch Fritzlar an den Folgen des verlorenen
Krieges und der Hyperinflation von 1922/23.
Die 1200-Jahr-Feier wurde um ein Jahr von
1924 auf 1925 verschoben, um durch die Zusammenfassung
von zwei Haushaltsjahren ihre
Finanzierung sicherzustellen. Die sogenannten
goldenen Zwanziger Jahre hatten positive
Auswirkungen auf die mittelständische und
gewerbliche Wirtschaft. Südlich der Eder entstanden
Ansiedlungen von Gewerbebetrieben:
Fuhrunternehmen, Fahrzeugbau, Keltereien,
Sägewerke, Viehverwertung, Autohäuser, Fabrikgebäude
für Elektrostahl. Positiv auf die öffentliche
und private Bautätigkeit wirkte sich
auch die Zusammenlegung der Kreise Fritzlar
und Homberg/Efze aus. Fritzlar wurde Sitz der
Kreisbehörde dieser größeren Verwaltungseinheit,
verbunden mit den damit notwendigen
Das Fritzlarer Rathaus um 1825 (Ausschnitt). Aquarell
von Carl Fink, Stadtarchiv Fritzlar
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