Aus Stadt und Land 59
Vermittlungsarbeit erhielt neue Impulse –
das Archiv erarbeitete Wanderausstellungen,
die erstmals auf den Hessentagen gezeigt
wurden, und es betrieb Dozenturen an den
Universitäten Marburg, Gießen sowie selbstverständlich
an der Archivschule, veröffentlichte
Findbücher und gründete eine eigene
Schriftenreihe. Konsequent vollzog sich nun
auch die Ausrichtung auf die Anforderungen
der sich wandelnden Informationsgesellschaft:
Nach einem in der Archivwelt Aufsehen
erregenden Datenbankpiloten in den
1980er Jahren zu den hessischen Soldaten
in Amerika (HETRINA) setzte die Archivpädagogische
Arbeitsstelle im Jahr 2000 mit
seinem Digitalen Archiv Marburg (DigAM)
ein weiteres auch nach außen wahrnehmbares
Zeichen. In den Folgejahren wendete
sich das Staatsarchiv nun intensiv den neuen
technischen und organisatorischen Herausforderungen
zu. Der Schwerpunkt lag zunächst
auf Erschließungsprojekten, und zwar
solche, die Forschungsinteressen im Blick
hatten und für die Landesgeschichte hohe
Erträge erhoffen ließen, wozu die im Hauptstaatsarchiv
Wiesbaden entwickelte Archivdatenbank
HADIS hervorragende Voraussetzungen
bot.
Einen spürbaren Schub erhielt das Archiv
durch die Einführung betriebswirtschaftlicher
Organisationsformen Mitte der 2000er
Jahre, denn sie brachten finanzielle Flexibilität
und förderten das Projektmanagement.
Da die „Bordmittel“ vor allem für die erheblichen
Rückstandsbearbeitungen nicht mehr
ausreichten, wurden neue Wege beschritten,
um erhebliche Arbeitspakete der Sicherung
und Nutzbarmachung des Archivguts anzugehen,
das inzwischen auf über 50 Regal-km
angewachsen war. Erfolgreich bemühte sich
das Staatsarchiv Marburg um Drittmittel und
um Unterstützungspersonal. So wurden seit
2006 mit Unterstützung der DFG anspruchsvolle
Erschließungs- und Digitalisierungsprojekte
zu Urkundenbeständen und Adelsarchiven
durchgeführt sowie im großen Stil
die so genannte Retrokonversion vorhandener
„analoger“ Findmittel in digitale Erschließungsdaten
betrieben. Inzwischen sind
sämtliche 3.200 Archivbestände im Internet
recherchierbar, und es wurde ein Erschließungsstand
von über 2 Millionen online verfügbarer
Verzeichnungseinheiten erreicht,
der gut 50% des Archivguts abdeckt. Auch
in der Digitalisierung von Archivgut hat das
Staatsarchiv Strukturen und Expertise aufgebaut
und bietet zahlreiche kleinere Bestände
wie Urkunden und Karten, mit den
jetzt online gestellten Personenstandsunterlagen
aber auch Massenschriftgut im Umfang
von mehreren Millionen von Images im
Internet an.
Nach ca. 50 Jahren war der Bau am Friedrichsplatz
allerdings räumlich an seine Kapazitätsgrenzen
gestoßen. Zunächst konnten
nur angemietete Außenmagazine die Situation
verbessern. Erst der Kauf der Konversionsliegenschaft
in Neustadt mit einer inzwischen
voll ausgebauten Regalkapazität von
40 Regal-km brachte wirklich neue Rahmenbedingungen
und Perspektiven. Denn dort
wurden die bis dahin archivierten Grundbücher
und Grundakten eingelagert und mit
denen der beiden Schwesterarchive in Wiesbaden
und Darmstadt vereinigt, so dass dort
2011 das zentrale Grundbucharchiv Hessen
entstehen konnte. Die Liegenschaft beherbergt
darüber hinaus das ebenfalls 2011 errichtete
zentrale Personenstandsarchiv Hessen
sowie die Restaurierungswerkstatt des
Staatsarchivs Marburg. Ferner errichtete
das Staatsarchiv 2004 zusammen mit der
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