Zweigvereine 33
Für den Abschnitt der Via Regia, der von
Frankfurt kommend durch das Kinzigtal weiter
nach Leipzig führt, sind allein für das Jahr
1627 26 Zollstellen nachweisbar. Allerdings
gab es auch damals schon Ausweichstrecken
mit weniger Zollstationen, so „durch die kurzen
Hessen“ über Alsfeld und „durch die langen
Hessen“ über Treysa. Trotz der Zollschranken
war der Handel im späten Mittelalter und
der frühen Neuzeit ausgesprochen lukrativ. Die
Frammersbacher Fuhrleute, die zu jener Zeit für
die Strecke von Nürnberg nach Antwerpen ein
Transportmonopol besaßen, beförderten
ein breites Warensortiment, wozu
Spessartglas, Holz, Tuch, Gewürze
und vieles mehr gehörten.
In das Schwerpunktthema „Erster
Weltkrieg“ führte der Vorsitzende des
Hauptvereins Dr. Dirk Richhardt ein.
Er warf einen Blick auf die Situation
des damals noch nicht geeinten Hessen.
Dabei verdeutlichte er einleitend
einen Paradigmenwechsel innerhalb
der aktuellen Betrachtungsweise der
Geschichtswissenschaft, die sich auch
in der Forschungs- und Vortragsarbeit
des Zweigvereins wiederfinden.
Es geht weniger um die große Politik
und die Frage nach Kriegsschuld und politischer
Verantwortlichkeit, sondern viel mehr
um die Frage „Wie haben die Menschen den
Ersten Weltkrieg erlebt?“ Dabei werden mittlerweile
schwerpunktmäßig Quellen wie Kriegstagebücher,
Feldpostbriefe und Kirchenbücher
ausgewertet, womit verstärkt die Perspektive
der „kleine Leute“ in den Blickpunkt der historischen
Forschung gerät. Richhardt wies nach,
dass Deutschland auf einen Krieg von langer
Dauer nicht vorbereitet war und daher spätestens
im dritten Kriegsjahr ein großer Mangel
an Lebensmitteln herrschte. Daher versuchte
man jede Ackerfläche für den Anbau zu nutzen
und hielt Schulklassen z. B. zum Sammeln
von Wildkräutern, Beeren und Pilzen an. Der
Mangel an Rohstoffen machte vor den Kirchen
nicht halt, metallene Glocken und Orgelpfeifen
wurden eingeschmolzen, was zunehmend zur
Demoralisierung der Bevölkerung führte.
Den regionalgeschichtlichen Bezug stellte
Christine Raedler M. A. her. Der verfolgte
in ihrem Vortrag „Lebensbilder von Kriegsteilnehmern
aus der Region Gelnhausen während
des Ersten Weltkriegs“. Vorausgegangen war
ihre Führung durch die Ausstellung „Hessische
Landgemeinden im Ersten Weltkrieg“ im Main-
Kinzig-Forum Gelnhausen. Raedler schilderte
den Fronteinsatz der Geschwister Manns. Die
ältere Susanne versah als Johanniterin ihren
Lazarettdienst u. a. 1917 in Skopje (Üsküp), den
sie eindrücklich mit ihrer Glasplatten-Kamera
festhielt. Bruder Karl, studierter Jurist, hatte
1916 an der Ostfront gedient und war mit dem
Eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet worden,
bevor er im Grabenkrieg an der Westfront
fiel. Ebenfalls an diesem Frontabschnitt verteidigte
der Gelnhäuser Jude Pferdehändler Josef
Der Vorsitzende des ZV Gelnhausen Michael Lapp und der
Vorsitzende des Hauptvereins Dr. Dirk Richhardt ehren Pfarrer Uwe
Steuber für 40-jährige Mitgliedschaft im VHG. Foto: Jäckel
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